Der Hype um Digitalisierung ist immer noch ungebrochen. Doch in vielen Gesprächen haben wir festgestellt, dass viele Unternehmen nicht wissen, wie sie „es anpacken sollen“. Es fehlt ihnen jemand, der nicht nur technologisch, sondern auch konzeptionell mitdenkt. Wie findet man einen Dienstleister, der nicht nur programmiert, was man will, sondern eine Software liefert, die einen tatsächlichen Mehrwert bringt? Und was muss man selbst dafür tun?

Die „alten Hasen“ wissen, was sie wollen

Wenn man unsere Kunden anschaut, dann sieht man bei unseren großen Versicherungskunden, dass die Digitalisierung ein wichtiges Thema ist. Bei dem einen geht es darum die Webseiten der Agenturen mobilfähig zu machen und mit neuen Modulen zu ergänzen. Bem nächsten geht es darum, dass die Suche nach dem Versicherungsvermittler perfekt auf den anfragenden Kunden zugeschnitten ist. Und mit einer Bank erweitern wir die Automatisierung der Provisionsabrechnung.

Bei unseren mittelständischen Kunden ist die Digitalisierung und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle auch auf dem Vormarsch. Für die einen entwickeln wir neue IT-getriebene Produkte um Mitarbeiter schneller auf Stellenausschreibung zu matchen, beim nächsten optimieren wir die Mitarbeitereinsatzplanung, dann geht es weiter mit der Internationalisierung von Anwendungen für neue Märkte bis hin zur Erweiterung von bestehenden Informationssystemen.

Die Digitalisierungsnovizen

Es tut sich also etwas und wir können uns über mangelnde Beschäftigung nicht beklagen. Wir stellen aber fest, dass vor allem unsere neuen Kunden aus dem MIttelstand, die bisher nur mit Standardlösungen gearbeitet haben und außer einer Buchhaltungssoftware, einem ERP System und Office Produkte nichts verwendet haben, die Erfahrung fehlt, wie man ein Digitalisierungsprojekt angeht. Da fehlt es an erfahrenen Projektleitern, am Anforderungsmanagement und vielen Dingen, die wir bei IT-affinen Kunden vorfinden. Dementsprechend ist die Unsicherheit groß, die Entscheidungswege schwierig und das Vertrauen zu uns als Dienstleister muss erst aufgebaut werden.

Den Kunden kennenlernen

Und das stellt nicht nur unsere Kunden, sondern auch uns vor eine nicht ganz einfache Situation. Mittlerweile klopfen wir die IT-Erfahrung unserer Kunden bereits im Erstgespräch ab und stellt sich dann heraus, dass wir mit dem Kunden ein neues Terrain betreten dann passen wir unser Vorgehen an und versuchen daraus den bestmöglichen Weg abzuleiten. Wenn ein Kunde schon mal Kontakt zu uns aufgenommen hat, wissen wir, dass bei ihm die Erkenntnis gereift ist, dass er etwas im Bereich der Digitalisierung tun muss oder das er Potentiale erkannt hat. Das ist schon mal der wichtigstes Schritt. Oftmals erhalten wir noch eine sehr sehr grobe Anforderungsbeschreibung und der Kunde erwartet, das man daraufhin sofort ein Angebot abgibt. Schon da wird es nicht ganz einfach für uns, denn erstens sind Softwareprojekte in den allermeisten Fällen komplexer als dass sie auf zwei A4 Seiten beschrieben werden könnten und zweitens sind in den Dokumenten oftmals die Anforderungen aufgelistet, aber uns als Dienstleister wird gar nicht mitgeteilt, welches Ziel mit dem Projekt überhaupt verfolgt werden soll. Nun ist WOGRA keine verlängerte Softwarewerkbank, bei der Softwareanforderungen abgelegt und umgesetzt werden, sondern wir verstehen uns auch als Berater um für den Kunden die bestmögliche Lösung zur Verfügung stellen zu können. Und um die bestmögliche Lösung zu schaffen müssen wir Budget, Terminvorgaben, Umfang und Qualität in Einklang bringen. Wir wollen mit unseren Kunden mehrere Lösungsszenarien diskutieren, deren Vor- und Nachteile vorstellen, eine Empfehlung aussprechen und so zur bestmöglichen Lösung für unseren Kunden kommen.

Digitalisierungsnovizen und die Wahl des „Wie“ und „Wer“

Das klingt ja alles gut, aber was hilft das nun konkret den Unternehmen, die Digitalisierungs-Projekte starten wollen? Sagen nicht alle, die wollen nur das Beste für ihren Kunden? Natürlich ist die Dienstleister-Wahl nicht einfach, aber der Kunde kann es sich zumindest stark vereinfachen. Der Kunde sollte sich bei jedem Projekt die Frage stellen, mit welchem Dienstleister er dieses Projekt umsetzen will und wie er dabei vorgehen will. Gerade das „wie“ ist so vielfältig, dass man sich hier in Ruhe Gedanken machen sollte. Und das unabhängig vom Dienstleister. Wie man hier gute Entscheidungen treffen kann, möchten wir in 12 Schritten erklären:

1. Etablierung von klaren Entscheidungswegen und Verantwortlichen

Was wir bei „Digitalisierungsnovizen“ sehr schnell gelernt haben ist, dass die Ansprechpartner oft nicht klar sind und das viele Köche den Brei verderben können. Um das zu verhindern tut man gut daran, auf Kundenseite einen Projektleiter zu bestimmen, der die Kommunikation mit dem Dienstleister übernimmt. Neben dem Projektleiter muss es beim Kunden ein Entscheidungsgremium geben, dass definiert, welche Anforderungen mit welcher Priorität umzusetzen sind. Das Gremium kann bei kleineren Firma aus einer Person bestehen und bei größeren Firmen aus mehreren, die einen sogenannten Lenkungsausschuss bilden. Dies gibt dem Projektleiter die Chance bei Problemen mit dem Dienstleister auf eine höhere Ebene zu eskalieren oder grundsätzlich alle wichtigen Personen im Unternehmen über den Projektstatus zu informieren. Es reicht völlig aus, wenn der Projektleiter das Entscheidungsgremium einmal im Monat informiert, außer eine Krisensituation ist im Entstehen.

2. Vernünftige Zieldefinition

Was will man bis wann mit der Umsetzung des Projekts realisieren, welche Erfolge verspricht man sich? Wenn man sich das von Beginn an klar macht, Kennzahlen definiert um festzustellen ob das Projektergebnis zum Erfolg wird, nur dann kann man feststellen ob das Projekt erfolgreich war oder nicht.

Ein Beispiel:

Mit der Lösung soll ein Produktionsautomatisierungsgrad hergestellt werden, um den Produktionsausschuss um 50% zu senken, so dass der Aufwand für die Entwicklung sich innerhalb von 10 Monaten amortisiert.

3. Enger Kontakt mit dem Dienstleister

Halten Sie den Dienstleister an der kurzen Leine (Ja, das schreibe ich wirklich als Geschäftsführer eines solchen Dienstleisters). Gute Dienstleister erkennen Sie daran, dass sie von sich aus die Leine kurz halten und sie regelmäßig mit Ihnen den Kontakt suchen. Lassen Sie sich regelmäßig Zwischenergebnisse zeigen. Das ist Aufwand, der aber entscheidend für den Projekterfolg ist. Schauen Sie sich bitte auch die Zwischenergebnisse an und geben Feedback was Ihnen gefällt und was verbessert werden muss. Umso früher der Dienstleister informiert wird, was verbessert werden muss, umso einfacher und günstiger ist dies für den Dienstleister und umso schneller erhalten Sie als Kunde diese Verbesserung. Der Projektleiter sollte mit dem Dienstleister in regelmäßigen Abständen (2-3 Wochen) sich den neuen Status vorstellen lassen. Falls es ein Testsystem gibt, sollte dies dann auch vom Dienstleister mit dem aktuellen Softwarestand bespielt werden.

4. Zeit für das Testen einplanen

Softwareentwicklung ist kompliziert. Statistisch gesehen schleichen sich pro 100 Zeilen Programmcode ein Fehler ein. Und Softwaresysteme bekommen sehr schnell eine fünf- bis sechsstellige Zahl an Codezeilen. Gerade, wenn man noch nicht mit dem Dienstleister zusammen gearbeitet hat, sollte man einen großzügigen Testzeitraum einplanen um sicher zu gehen, dass man nicht mit einer fehlerhaften Version startet. Wie beraten unsere Kunden auch abhängig von der Projektkomplexität, wieviel Testaufwand notwendig wird.

5. Vorher Gedanken über die Infrastruktur und deren Kosten machen

Software entwickeln lassen kostet Geld. Aber denken Sie daran, Sie benötigen auch eine Infrastruktur, auf der die Software laufen muss. Gerade, wenn noch Datenbanken und Server benötigt werden, sollte man sich vorab darüber informieren, was dies kosten wird, ansonsten kann es zu Kosten kommen, die im Projektbudget nicht vorgesehen sind.

6. Dem Dienstleister die Chance geben Ihr Geschäft zu verstehen

Umso besser der Dienstleister Ihr Geschäft versteht, weiß was Ihr Unternehmen besonders macht, umso besser kann er Ihnen helfen, die bestmögliche Lösung zu finden. Ein guter Dienstleister ist nicht nur Befehlsempfänger, der das umsetzt, was Sie ihm beauftragen, sondern jemand, der Ihnen neue Lösungswege aufzeigt und Ihnen eine Auswahl an verschiedene Lösungsmöglichkeiten gibt. Dann haben Sie die Möglichkeit, die Lösung zu beauftragen die für Ihr Unternehmen die meisten Vorteile bringt.

7. Die Anwender von Beginn an miteinbeziehen

Das größte Risiko für den Erfolg eines Softwaresystems ist, dass der Anwender von Beginn an miteinbezogen werden muss. Sein fachlicher Input und seine Art, die Aufgaben aktuell zu lösen ist maßgeblich um daraus eine Prozessverbesserung abzuleiten und anschließend diesen Prozess in einer Software weiter zu automatisieren. Auch hier sollte der Dienstleister unterstützen um Teile des Arbeitsablaufs zu hinterfragen bzw. schnell festzustellen, was automatisiert werden kann. Besonderer Augenmerk muss auf die Sonderfälle gelegt werden und wie mit diesen umgegangen wird. Hierfür gibt es diverse Möglichkeiten, die Ihnen der Dienstleister aufzeigen kann, dies funktioniert jedoch nur, wenn man die Anwender von Beginn an miteinbezieht und nicht versucht, eine Lösung zu entwickeln, auf die die Anwender keinen Einfluss haben. Wenn die Einbeziehung nicht stattfindet, ist die Skepsis gegenüber der neuen Lösung groß und fehlende Funktionalität führt schnell dazu, dass die Lösung links liegen gelassen wird und der Anwender wieder die altbewährten Excelsheets verwendet.

8. Priorisieren, priorisieren, priorisieren

Gerade, wenn man mit den Anwendern zusammen sitzt, kann aus einer pragmatischen Lösung eine goldene Wasserhahn Lösung wrden. Das wird sehr schnell sehr teuer und das muss nicht sein. Jede Anforderung, die aufgenommen wird, sollte einen konkreten Nutzen erfüllen, der im Idealfall messbar ist. Dann lassen Sie die Anforderungen von Ihrem Dienstleister abschätzen und dann können Sie sehr schnell Nutzen und Aufwand gegenüber stellen und können sehr leicht entscheiden in welcher Reihenfolge die Anforderungen abgearbeitet werden sollen. Fangen Sie mit den Anforderungen an, deren Nutzen und Aufwand Verhältnis am günstigsten ist und sortieren Sie daraufhin die Liste und Sie bekommen sehr schnell eine Lösung, die sehr früh bereits produtkiv einsetzbar ist. Natürlich werden während der Projektlaufzeit neue Anforderungen auftauchen. Bewerten und sortieren Sie diese in Ihre Prioritätsliste ein, sodass sie abhängig von der Priorität ebenfalls zeitnah umgesetzt werden.

9. Schnell Live gehen

Wenn Sie Ihre Prioritätenliste richtig pflegen, haben Sie die Chance, sehr schnell einen Softwarestand von Ihrem Dienstleister zur Verfügung zu bekommen, der den Anwender bereits effektiv weiter hilft. Zögern Sie nicht, stellen Sie diese Version Ihren Anwendern zuerst zum Test und anschließend zur aktiven Verwendung zur Verfügung. Sammeln Sie das Feedback ein und spiegeln Sie das Ihrem Dienstleister, so können die Funktionalitäten noch verbessert werden und Sie bekommen ein sehr gutes Softwareprodukt.

10. Vergleichen Sie die Dienstleister

Natürlich hoffen wir natürlich, dass Sie sich auch von uns ein Angebot einholen ;). Mal davon abgesehen, holen Sie nicht nur von einem Anbieter ein Angebot ein und achten nicht nur auf den Preis. Prüfen Sie auch, weshalb ein Anbieter sein Angebot mit dem angegebenen Preis abgibt. Wir von WOGRA haben den Vorteil, mit WMS eine Plattform im Portfolio zu haben, die die Softwareentwicklung sehr stark verkürzt und trotzdem eine hohe Qualität liefert, aber andere Anbieter geben Kampfangebote ab, die sich den Fehlbetrag über spätere Änderungsanforderungen wieder hereinholen und im Endeffekt weitaus teurer sind. Ich habe vorhin schon mal die Kenngrößen für eine bestmögliche Lösung genannt und es ist einfach so, dass wenn man einen günstigen Preis bekommt, normalerweise Abstriche bei Qualität, Umfang oder Termin machen muss.

11. Wählen Sie mit dem Dienstleister ein passendes Preismodell

Viele Dienstleister bieten zwei Preismodelle an: Abrechnung nach Aufwand oder ein Festpreisprojekt. Wegen der Planungssicherheit bevorzugen die Kunden in der Regel das Festpreisprojekt. Auch die Tatsache, dass es sich um einen Werkvertrag handelt und diverse Gewährleistungspflichten vom Dienstleister zu erbringen sind, sprechen für den Festpreis. Aber auch die Abrechnung nach Aufwand hat ihren Charme. Natürlich sind Festpreisprojekte immer teurer, denn der Dienstleister muss entsprechend einen Risikopuffer einplanen, falls das Budget überzogen wird. In den agilen Methoden haben sich auch Preismodelle etabliert, bei denen man eine Entwicklungsiteration / Sprint beauftragt. Es gibt auch Lösungen, wo man dem Dienstleister bei der Übertreffung der Erwartungen einen Bonus bezahlt und bei Unterschreiten der Erwartungshalten einen Malus in Rechnung stellt. Finden Sie mit Ihrem Dienstleister ein Modell, dass für beide eine faire Lösung ist, denn eine Softwarelösung ist keine einmalige Sache und man geht mit dem Dienstleister in der Regel eine längere Beziehung ein, in der sich beide Seiten wohlfühlen sollten.

12. Offen auf Augenhöhe kommunizieren

Projekte scheitern in der Regel nicht an der Technik. Sie scheitern an den Menschen und deren mangelnder Kommunikation. Ein Softwareprojekt ist kein Sprint, sondern ein Marathon und in einem Marathon gibt es für den Läufer Höhen und Tiefen, die er durchschreitet. Mit offener Kommunikation, auch wenn Dinge nicht so laufen, wie man sie sich erhofft lassen, sich die meisten Wogen glätten und man kann als Kunde und Dienstleister die sich gesteckten Ziele erreichen. Bei den 12 Punkten, die ich genannt habe geht es um die Organisation der Projektarbeit und um eine faire Art der Zusammenarbeit und damit im Wesentlichen um Kommunikation.